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Materialtyp:
Film (Theater)
Gesamtspielzeit: 210 Minuten Produktionsjahr: 2008
Regie: Hermann Nitsch, Frank Gassner, Leo Kopp, Otmar Rychlik, Leopold Schuster, Rainer JuranekStudio, Verleih, Vertrieb: POLAR Film + Medien GmbH
Altersfreigabe: ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchGSprachen: Deutsch
Es bedurfte einer langen Entwicklung bis es von den lauten der Tiere zur Sprache des Menschen kam. Auch die Laute der Menschen kennen vorsprachliche Äusserungen, den Schrei, das Stöhnen, das Wimmern, den Schrei der Gebärenden, den Todesschrei, den Wollustschrei. Der Schrei ist vorsprachlicher Ausdruck extremster Erregungszustände. Wollust, rasender Schmerz lässt den Schrei zum Durchbruch kommen. Es bedarf einer psycho-analytischen Dramaturgie, um durch mein Theater zum Schrei zu gelangen.
Auch im klassischen Theater findet der Schrei seine Funktion und Berechtigung, wenn das Wort nicht mehr ausreicht, wenn die Erregung das Sprachgefüge zertrümmert hinter sich lässt. Da fängt mein Theater, meine Geräuschkunst, meine Musik an. Beim Inszenieren realer Geschehnisse, beim Vorantreiben des Registrierens der fünf Sinne bis zum orgiastischen Exzess, realen, sinnlichen und direkten Durch- und Ausempfindens.
In meinen frühen Texten das neue Theater betreffend, bei welchen es darum ging,Theater zur Erzeugung realer Geschehnisse zu erweitern, zu steigern, ging es vorerst darum, das Theater von der Bühne, vom Bühnenbild, von den Sitzreihen, vom darstellenden Rollenspiel, von der Sprache zu befreien. In diesem Sinne beschriebenes Theater bedarf nicht mehr des überdachten Theatergebäudes. Theater kann sich überall ereignen, auf der Strasse, auf einer Wiese, im Wald, im Gebirge, in der weiten Hügellandschaft, auf einem Sportplatz, in einem Turnsaal, in einer Kirche, auf einem Bauernhof, in einem Bahnhof und natürlich auch in einem Theater. Im Zuge meiner Aufbauarbeit meines Aktionstheaters in Europa und Amerika und vor allem in Prinzendorf (wo es mir gelang, das 6 Tage-Spiel des Orgien Mysterien Theaters zu realisieren) entwickelte sich der Wunsch mein nonverbales Theater in einem der grossen Häuser der Welt zu realisieren. In keiner Weise sollten die Konsequenzen meines Gesamtkunstwerkes verraten werden. Es sollte ausprobiert werden, ob mein Konzept eben doch auch in einem klassischen Theater realisiert werden kann, in wie weit das Aktionstheater in einem normalen Theater aufgeführt werden kann, in wie weit es an Grenzen stösst. ich dachte gegen ende meines lebens vielleicht an eine aufführung in der pariser oper. nun hat mich das wiener burgtheater eingeladen, eine aktion zu realisieren, worüber ich sehr glücklich bin. Das Burgtheater hat den Ruf, das beste Theater deutscher Sprache zu sein. Gerade in diesem Sinne finde ich es richtig, dass mein sprachloses Theater gerade in diesem Haus aufgeführt wird. Mein Sktionstheater ist ein Theater ohne gesprochene und dargestellte Rollen, ist ein vorsprachliches Theater und gleichzeitig ein nachsprachliches Theater. Über die vorsprachlichen Belange meines Konzeptes wurde bereits gesprochen. Mein Orgien Mysterien Theater ist aber ebenso ein nachsprachliches Theater, weil ich als Theaterdichter nach dem 2. Weltkrieg mit der beschreibenden Sprache kein Auslangen mehr fand. Die Sprache meiner Wortdichtung war voll sinnlicher Bilder, Beschreibungen von sinnlichen Eindrücken. Ich ging dazu über, dass die Zuschauer im Theater Geschmack und Gerüche tatsächlich zu registrieren hatten und darüber hinaus alle fünf Sinne direkt, nicht über den Umweg des Wortes, zu gebrauchen hatten. Ich kam in die Situation, durch die Sprache mich nicht mehr ausdrücken zu können. Nicht das Wort, welches nur Symbol für den direkten sinnlichen Eindruck war, etwas gewesenes beschrieb, war mir wesentlich, sondern die tatsächliche Vermittlung des sinnlichen Eindruckes. Eine Schule des Empfindens bis zur Katastrophe des Dramas ohne sprache soll durch mein Theater gefunden werden.
Das Ereignis selbst, vor tausenddreihundert Menschen, die das Burgtheater neu erlebten und wahrnahmen, schreibt Theatergeschichte. Acht Stunden lang gingen die Menschen durch eine Schule des Empfindens und durch ein Fest des Geistes und der Sinne. So hell, heiter und lebensfroh kann das Burgtheater sein.
KLAUS BACHLER
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